Entwicker/Publisher: Free Radical Design/Codemasters
Einscheinungsdatum: 2004
Genre: Third Person Shooter / Stealth Shooter
Plattform: GameCube, PlayStation 2, Xbox, PC
Story
Die Story von Second Sight ist der ganz große Pluspunkt. Wer auf ein wenig Sience Fiction und Agentenstorys steht wird hier fündig werden. Dazu ein netter Twist der nicht tausend mal kopiert oder an anderer Stelle besser vorgemacht wurde. Aber fangen wir von vorne an:
Als Spieler übernehmen wir die Rolle von John Vattic, der sich zu dem Zeitpunkt in dem wir ihn das erste Mal sehen in einer sehr unangenehmen Lage befindet. Er wurde an ein Krankenhausbett gekettet, hat sein Gedächtnis verloren und sieht so aus als wäre er nicht gerade von einem fürsorglichen Arzt untersucht worden.
Das Gute an seiner Lage ist, dass er besondere Fähigkeiten hat, wie Telekinese, mit denen er sich selbst befreien kann. Von an an sind wir auf der Suche nach unserer Vergangenheit. Wer jetzt aber an XIII denkt irrt. Zum einen sind wir kein Agent im eigentlichen Sinne. Sechs Monate früher wurden wir als Zivilist als Unterstützung einer Militäreinheit zugewiesen. Unsere vorherige Lebensaufgabe bestand darin zu beweisen dass es übersinnliche Fähigkeiten wie Telekinese gar nicht gibt.
Zum Anderen finden wir unsere Erinnerung relativ schnell wieder, nämlich in Flashbacks die wir als Spieler ebenfalls spielen dürfen. So wissen wir sehr bald wer wir sind und was unser Ziel war. Nur was wirklich passiert ist ändert sich immer ein wenig mit jedem Flashback den wir durchleben.
Auf diese Weise kommen wir sehr bald einer Verschwörung auf die Spur, in die wir mit der ungewollten und plötzlichen Rekrutierung hinein geraten sind und die nur wir aufhalten können.
Mehr Detail will ich gar nicht verraten, da ich niemanden Spoilern will. Die Geschichte ist für mich eine klare 10/10 und wer das Spiel nicht spielt sollte über ein Let’s Play nachdenken.
Gameplay
Kommen wir nun zum negativen Part des Spiels. Dem Gameplay. Offensichtlich wollte Free Radical hier auf den Sprinter Cell Zug, sprich die Stellt-Spiele aufspringen ohne zu wissen wie so ein Spiel funktioniert. Traurig daran ist nur, dass sie die reinen Shooter-Passagen ebenfalls vergeigt haben. Und das obwohl sie diese doch so gut beherrschten.
Was ist also schief gegangen? Nun fangen wir mit den Stealth-Passagen an:
Zum einen gibt es keine Anzeige ob man sich im Dunkeln befindet, gesehen werden kann, ob sich Gegner in der Nähe befinden oder Ähnliches. Im Gegenteil. Die Gegner selbst sind oftmals schwer zu entdecken bevor diese auf einen schießen, was daran liegt, dass die Kamera eine Zumutung ist.
Dabei gibt es zwei verschiedene Kamera-Modi. Im einen Modus ist die Kamera starr, was für ein herrlich cineastisches Gefühl sorgt. Leider befinden sich die Gegner in diesem Fall oft in einem toten Winkel, so dass man direkt in sie hinein läuft oder beim Vorbeilaufen eine Kugel hinter geschickt bekommt, ohne den Absender jemals zu sehen.
Im zweiten Modus ist die Kamera mit dem rechten Analogstick frei beweglich, so wie es in modernen Shooter der Fall ist. Wobei frei beweglich ein wenig übertrieben ist. Es ist eher eine theoretische Fähigkeit. Zwar kann man die Kamera wirklich frei um sich herum kreisen lassen, doch oft genug verfängt sich diese dann in irgendeiner Ecke, wandert von selbst wieder zurück an eine Stelle wo man sie nicht haben will oder bringt das Bild zum zucken, wenn sie irgendwo hängen bleibt. Dieser Modus ist definitiv der Bessere, aber so richtig gut ist er nicht.
Hinzu kommt dass nicht immer klar ist wo man hin muss oder was zu tun ist. Ich habe zwar nichts gegen ein paar Rätsel oder dagegen jede Ecke einer Map anzuschauen. Doch wenn ich eine kleine Kiste in einem Raum finden muss von dem ich erst später weiß dass ich sie brauche, während ich durchgehend schleichen und aufpassen muss… dann fange ich an genervt zu reagieren.
Erst Recht wenn ich teilweise nicht einmal weiß wie ich entdeckt werden konnte.
So viel zum Stealth-Part. Aber was ist mit den Shooter-Passagen? Das war doch Free Radicals Spezialgebiet. Nun, hier haben sie sich für ein anderes Zielsystem entschieden, da es sich ja um einen 3rd-Person und nicht um einen 1rst-Person Shooter handelt. Mit der linken Schultertaste wählt man ein Ziel aus, mit der rechten Schultertaste schießt man. Soweit so gut. Das funktioniert auch optimal… wenn man denn das richtige Ziel anvisiert. Leider zielt man mit dieser Kombination auch auf Kisten, Dosen und alles Andere sonst.
Zum Glück kann man aber zwischen den Zielen wechseln, in dem man mit dem rechten Analogstick in die Richtung des neuen Ziels geht. Leider wird diese Stick auch verwendet wenn man innerhalb eines Ziels Details anvisieren will, um zum Beispiel einen Kopfschuss zu setzen. So kommt es, dass man häufig bei dem Versuch Kopfschüsse zu setzen seine Ziele durchwechseln wird.
Das Einzige was ich hier loben kann sind die guten Fähigkeiten, wie das projizieren seines Charakters, wodurch man durch Laser gehen und Schalter umlegen kann. Oder das Besetzen von anderen Charakteren, mit denen man dann umherlaufen und auf Gegner schießen kann ohne sich selbst zu gefährden. Leider gleicht das nicht den Rest aus, was zu einer nicht so vorteilhaften Wertung führt.
Steuerung
Da ich mich beim Gameplay schon ordentlich mit über die Steuerung ausgelassen habe hier nur eine kurze Übersicht: Die Steuerung geht mit dem Gameplay Hand in Hand, ist aber nicht ganz so bodenlos. Immerhin läuft der Charakter schön schnell und mal bleibt selten irgendwo hängen.
Jedoch ist das Deckungssystem suboptimal, da man das ein oder andere Mal um eine Ecke schleichen wird wenn man eigentlich spähen möchte. Hin und wieder wird man auch an der falschen Stelle in Deckung gehen. Wenn man sich zum Beispiel hinter einen umgefallenen Tisch ducken möchte weil man beschossen wird und sich der Charakter gegen die Wand hinter dem Tisch lehnt ist das für den Beschuss eher kontraproduktiv.
In der Theorie ist die Steuerung somit zwar gut mit den Optionen die einprogrammiert wurden, in der Praxis führen diese Optionen aber viel zu häufig zu Problemen.
Mit der Shootersteuerung verhält es sich leider ebenso. In der Theorie ist das anvisieren über die Schultertaste ganz simpel und das setzen von gezielten Schüssen auf das anvisierte Ziel mit dem rechten Stick ist genial. In der Praxis visiert man alles an was vor einem steht oder liegt. Das kann ein Gegner sein, ein Monitor oder auch ein Pappschachtel. Und wenn man einen Kopfschuss ansetzen möchte wechselt man schnell mal das anvisierte Ziel. Zum Beispiel auf die eben erwähnte Pappschachtel.
Und wenn man sich nah an einen Abgrund begibt weil man sich an diesem entlang hangeln möchte kann es schon mal sein dass man da einfach so unmotiviert herunter plumpst.
Ich denke zwar dass man diese Steuerung durchaus überleben könnte, wenn das Gameplay besser wäre. Aber gut macht sie das trotzdem nicht.
Design
Über Kunst kann man bekanntlich streiten und Design ist nun mal Kunst. So wird auch nicht jeder diesen Mix aus relativ realen Umgebungen (für die damalige Zeit) und den von den Propotionen her comicartigen Charakteren mit trotzdem realistischen Farben (keine Schlagschatten und nicht knallbunt) mögen. Ich persönlich finde ihn genial.
Das kommt natürlich auch daher, dass man damit recht gute Animationen und Gesichtszüge erstellen konnte ohne gleich lächerlich zu wirken, weil die Zeit eben noch nicht reif war für kinoreife Polygonschauspieler. Mit Hilfe dieses halben Comiclooks war es aber trotzdem möglich eine ernste und spannende Geschichte mit Schauspielern zu erzählen, die zwar nicht real im Sinne von menschlich, aber im Sinne von Motivation und Ausdruck waren.
Deswegen mein Tipp: Lasst euch auf den Stil ein auch wenn er ungewohnt erscheint. Er hat verborgene Stärken die ihr zu schätzen lernen werdet.
Sound
Die Soundeffekte von Second Sight sind eher Standard. Das bedeutet jetzt nichts schlechtes, aber eben auch nichts Neues oder Aufregendes. Sie sind einfach da und sie passen. Besser ist das schon die Hintergrundmusik, die schon recht stimmungsvoll gewählt ist und für Spannung sorgt. In den Schleichpassagen wird es durchaus mal ruhig und in den Ballerpassagen dafür wieder Actionreichen, wie es halt sein soll.
Was mich ein wenig genervt hat war die treibende Musik die kommt wenn man in einer Schleichpassage entdeckt wird. Aber da liegt vor allem daran, dass die Musik ihre Aufgabe gut erledigt hat und das Gameplay eben nicht. Will heißen, ich wurde einfach zu oft aus mir unbekannten Gründen entdeckt und dann beginnt die Musik langsam zu nerven.
Was ist aber hervorheben möchte ist die englische Sprachausgabe, die das Spiel mit seinen Zwischensequenzen filmreif macht. Hier können sich einige Spiele der damaligen Zeit eine Scheibe abschneiden. Die Dialoge sind witzig, passend, teilweise Klischee, aber immer gut gesprochen.
Alles in allem macht das Spiel damit eine gute Figur was Sound und Musik angeht. Vielleicht hätte Free Radikal hier wirklich einen Film programmieren sollen statt eines Spiels.
Spielspaß
Tja, in diesem Spiel habe ich mich wohl geirrt. Ich hatte so gute Erinnerungen an Second Sight, weil ich das Gameplay einfach verdrängt hatte. Hinzu kommt natürlich, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist und man sich früher viel mehr gefallen lassen hat als zur heutigen Zeit. Damals waren die Kamera und das Zielsystem einfach noch nicht so weit und wir Spieler waren nicht so verwöhnt. Und es altern halt nur Spiele gut bei denen das Gameplay zeitlos ist und die Grafik sekundär. Denn bessere Grafik werden wir wohl jede Gen bekommen.
Aber was bedeutet mein Geschwurbel jetzt für das Spiel? Nun es ist kein Totalausfall, soviel steht fest. Man kann es spielen und man kann teilweise sogar Spaß damit haben. Die Story ist in meinen Augen sogar sehr gut und auf jeden Fall einen Blick wert. Den kann man aber auch mit einem Let’s Play ergattern.
Ich kann und will hier also keine Empfehlung aussprechen, trotz der guten Story. Aber ich werde auch niemandem davon abraten das Spiel zu spielen. Aber egal was ihr tut, ob es ein Let’s Play ist oder ob ihr das Spiel selber spielt: Geht danach ins Forum oder auf meinen Kanal auf YouTube und schreibt mir wie ihr die Story fandet. Ich hoffe dass ich euch damit jetzt nicht überhyped habe, aber ich finde die ist gerade für ein Spiel dieser Zeit richtig sehenswert.